“Die EZB hat intestine daran getan, die Zinsschraube noch einmal leicht um 25 Basispunkte anzuziehen”, meint die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG. “In Frankfurt hatte man anfänglich den Inflationsdruck nämlich whole unterschätzt und musste dann verzweifelt nachsteuern. Ist die EZB willens, die Teuerung so bald wie möglich wieder auf die Zielmarke von 2 Prozent zurückzuführen? Die EZB-Präsidentin Christine Lagarde und ihr geldpolitischer Rat haben gestern die Antwort geliefert: Ja, selbst wenn eine neuerliche Erhöhung des Zinses das Wirtschaftswachstum noch einmal etwas schwächt. Wenn es aber so kommt und die Teuerung im Verlauf von 2025 wie geplant auf den Zielwert zurückfällt, muss man trotzdem sagen: Chapeau, Christine Lagarde. Man hätte dann Preisstabilität erreicht, ohne dass die europäische Wirtschaft in eine Rezession abgeglitten wäre”, hebt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG hervor.
Die russische Zeitung KOMMERSANT analysiert: “Der Zinsanstieg, der der letzte im aktuellen geldpolitischen Straffungszyklus sein könnte, erklärt sich aus der immer noch hohen Inflation. Die EZB hat ihre Möglichkeiten in der Geldpolitik nun praktisch ausgeschöpft. Die europäischen Währungshüter erwarten weiterhin eine Rückkehr des Inflations-Indikators im Euroraum zum Zielwert von 2 Prozent – allerdings nicht in den nächsten zwei Jahren. Der Grund ist das für die Europäische Zentralbank alarmierende Niveau der Energiepreise. Angesichts der rückläufigen Geschäftstätigkeit in Europa wird von der europäischen Wirtschaft aktuell nicht viel erwartet. Die wirtschaftliche Erholung des Euroraums, die nach Berechnungen der EZB im Jahr 2023 hätte eintreten sollen, wird nun auf das nächste Jahr verschoben”, heißt es im KOMMERSANT aus Moskau.
Nach Einschätzung des österreichischen STANDARD … “… erweist sich der Kampf gegen die Inflation bisher als zäher als gedacht. Die EZB geht davon aus, dass die Teuerung langsamer sinken wird, als noch vor drei Monaten angenommen wurde. Das erklärt den jüngsten Zinsschritt. Doch damit wächst auch die Gefahr einer Rezession. Das Einfangen der Teuerung könne nicht ohne Schmerzen vonstattengehen, hat schon Fed-Chef Jerome Powell bei der Einleitung der US-Zinswende gesagt. Damit hatte er recht – zumindest für Europa, wo sich die Konjunktur deutlich abgekühlt hat. Die entscheidende Frage für die Notenbanker ist daher: Wann ist es genug? Will man die Wirtschaft nicht vollends abwürgen, wird Vorsicht angebracht sein. Daher wäre jetzt die Zeit für eine Zinspause gekommen”, findet DER STANDARD aus Wien.
Die portugiesische Zeitung CORREIO DA MANHÃ erwartet unfavourable Folgen der EZB-Entscheidung: “Die Zinserhöhung bedeutet für zahlreiche Familien und Unternehmen in Portugal eine Verschlechterung der Lage. Die einzige gute Nachricht ist, dass möglicherweise der Höhepunkt der Zinswelle erreicht ist, wenn es in den nächsten Monaten nicht zu negativen Überraschungen kommt. Wenn die Inflation auf den gewünschten Wert von 2 Prozent sinkt, werden die Sätze sicherlich entsprechend angepasst werden. Aber das wird dauern. Familien werden deshalb noch eine ganze Weile mit den aktuellen Zinsen leben müssen”, befürchtet CORREIO DA MANHÃ aus Lissabon.
Und auch die spanische Zeitung EL MUNDO sieht die Zinsentscheidung kritisch: “Die EZB hält erneut die Inflation für gefährlicher als eine weitere Abschwächung der Konjunktur. Die Fortsetzung der Frankfurter Offensive zur Abkühlung der Wirtschaft erfolgt in einem Umfeld der Stagnation, die in einigen EU-Ländern in eine Rezession zu münden droht, und die die Mittelschicht in Spanien zu ersticken droht. Diese leidet ohnehin schon unter der Inflation und hat jetzt mit der x-ten Erhöhung der Kosten ihrer Hypotheken mit variablem Zinssatz zu kämpfen.”
Die IRISH TIMES aus Dublin geht auf die verheerenden Überschwemmungen in Libyen ein: “Die Lage in der Stadt Derna im Osten des Landes ist apokalyptisch. Die Rettung derjenigen, die noch gerettet werden können, hat unmittelbare Priorität, aber auch die Frage nach der Verantwortung muss geklärt werden. Zweifellos wurde diese ‘Naturkatastrophe’ durch vom Menschen verursachte Faktoren verschlimmert. Wissenschaftler sind sich einig, dass der Sturm Daniel, der nach den Überflutungen in Griechenland auch Libyen heimgesucht hat, mit ziemlicher Sicherheit durch den Klimawandel beschleunigt wurde. Zudem wurden von Experten empfohlene Maßnahmen zur Wartung der Dämme im Derna-Talbecken nicht ergriffen. Die Zusage der beiden rivalisierenden Regierungen des Landes, bei den Rettungsbemühungen zusammenzuarbeiten, ist zu begrüßen. Ob sie erfüllt wird, bleibt jedoch fraglich”, schreibt die IRISH TIMES.
Die dänische Zeitung POLITIKEN kommt zu ähnlichen Schlüssen: “Auf den ersten Blick ist die Tragödie eine Naturkatastrophe, aber auf den zweiten Blick ist es eine von Menschen gemachte Katastrophe. Wenn sich die Schleusen des Himmels so extrem öffnen, handelt es sich auch um Folgen des Klimawandels. Es wird mehr solche Fälle geben, und sie werden schlimmer ausfallen. Das Downside wird zusätzlich verstärkt, wenn es einen gescheiterten Staat wie Libyen trifft. Klimaveränderungen treffen vor allem arme Länder, deren Regierungen auf diese Weise weiter geschwächt werden. Leider gibt es keine rasche Lösung, aber langfristig muss die Klimakrise gelöst werden, und kurzfristig muss die Weltgemeinschaft einspringen und humanitäre Hilfe leisten”, verlangt POLITIKEN aus Kopenhagen.
Die kolumbianische Zeitung EL ESPECTADOR blickt näher auf die politische Lage in Libyen: “Seit dem Sturz von Machthaber Gaddafi 2011 tobt ein Bürgerkrieg, für den sich keine Lösung abzeichnet. Im Westen herrscht Premierminister Dabeiba, der vor allem von der Türkei und Katar unterstützt wird, der Osten wird von Chalifa Haftar kontrolliert, der die Unterstützung von Ägypten, Russland und den Vereinigten Arabischen Emiraten hinter sich weiß. Obwohl die UNO auf einer Wiedervereinigung des Landes besteht und im Dezember 2021 Wahlen stattfinden sollten, bewegt sich nichts. Man kann sich leicht vorstellen, wie schwierig die Hilfe für die Opfer und der Wiederaufbau sind, wenn man es mit zwei Parallelverwaltungen zu tun hat”, erklärt EL ESPECTADOR aus Bogotá.
Die in London erscheinende arabische Zeitung AL QUDS AL-ARABY schreibt: “Ursachen der Katastrophe sind nicht geleistete Wartungsarbeiten an den Dämmen und wohl auch Korruption. Wer wissen möchte, womit sich angesichts dieser Lage die Verantwortlichen im Land beschäftigen, sollte die Botschaft des Sohns von Common al-Haftar zur Kenntnis nehmen, des starken Mannes im Osten Libyens. Nur Tage nach der Katastrophe empfahl er sich für die Präsidentschaft des Landes. Er erklärte, er sei in der Lage, die politische Kluft des zerrissenen Lande zu schließen. Doch wäre nicht zunächst jene Kluft zu schließen, die der Sturm im Leben der Betroffenen gerissen hat und ihnen schlicht zu Hilfe zu kommen?”, fragt AL QUDS AL-ARABY.
Der britische GUARDIAN befasst sich mit neuen Erkenntnissen von Forschern zu den sogenannten Belastungsgrenzen der Erde: “Die jüngste Einschätzung, dass sechs der neun Grenzen bereits durchbrochen wurden, ist ein weiterer Weckruf. Zum ersten Mal haben die Wissenschaftler die Scenario auf der ganzen Welt bewertet und sind besonders besorgt über ihre Ergebnisse in Bezug auf die biologische Vielfalt, das Trinkwasser und die Landnutzung. Neben dem schrittweisen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe ist die Beendigung zerstörerischer landwirtschaftlicher Praktiken, die zu massiver Abholzung, Lebensraumverlust und Umweltverschmutzung führen, ihrer Ansicht nach jetzt die dringendste Priorität. Da sich die Beweise für das durch die globale Erwärmung verursachte Leid immer mehr häufen, ist die Notwendigkeit für die Regierungen, entsprechend zu handeln, so groß wie nie zuvor.”
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