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Transaktionsvolumen von 5,5 Milliarden Euro geht zur Hälfte auf die fünf Topdeals zurück
15.01.2024
Der deutsche Investmentmarkt für Einzelhandelsimmobilien hat sich 2023 dem Abwärtstrend der Immobilieninvestmentmärkte nicht entziehen können. Mit einem Transaktionsvolumen von rund 5,5 Milliarden Euro verbuchte er einen Rückgang von vier Milliarden Euro beziehungsweise 42 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ein niedrigeres Jahresergebnis gab es zuletzt 2009 mit etwa 2,9 Milliarden Euro. Allerdings battle der Rückgang im Einzelhandelssegment im Vergleich zu anderen Assetklassen etwas milder, was dazu führte, dass der Bereich seinen Anteil am Gesamttransaktionsvolumen der Investmentmärkte trotz des Rückgangs von 14 Prozent auf 17 Prozent ausbaute und somit sogar das Bürosegment übertraf.
Sarah Hoffmann, Head of Retail Funding JLL Germany: „Zwar deuten 900 Millionen Euro Transaktionsvolumen im vierten Quartal statistisch nicht auf eine Jahresendrallye hin, doch haben wir seit der Expo Actual Anfang Oktober eine deutlich zunehmende Zahl von Transaktionen registriert, die sich in den kommenden Monaten dann auch in den Statistiken widerspiegeln werden. Hier ist der Knoten förmlich geplatzt. Auslöser ist eine Preiskorrektur auf der Verkäuferseite, insbesondere jenseits des Core-Segments. Vor allem inhabergeführte Investoren mit Eigenkapital und kurzen Entscheidungswegen sowie Eigennutzer sehen jetzt gute Einstiegschancen mit einem vielversprechenden Rendite-Risiko-Profil.“ Hoffmann beobachtet zudem, dass die Investitionspläne zeitlich flexibler gestaltet werden, um sich den Veränderungen im Markt besser anpassen zu können.
Insgesamt wurden 195 Transaktionen gezählt und damit deutlich weniger Abschlüsse als im Vorjahr, das noch 264 erzielte. Auch die Fokussierung auf einzelne Großabschlüsse battle 2023 stärker: Die fünf größten Offers 2023 erzielten zusammen 48 Prozent des Gesamtvolumens. Im Vorjahr battle der Markt noch breiter aufgestellt, sodass die fünf Topabschlüsse zusammen auf 34 Prozent kamen. Vor allem großvolumige Transaktionen waren 2023 Mangelware. Lediglich sieben Käufe über 100 Millionen Euro wurden 2023 abgeschlossen, nachdem es 2022 mit 15 Transaktionen noch mehr als doppelt so viele waren. Deutlich liquider zeigte sich das klein- bis mittelvolumige Marktsegment, das insbesondere bei privaten Kapitalquellen auf Interesse stößt.
Entsprechend stark sticht der größte Abschluss des Jahres heraus: die Übernahme von X+bricks durch Slate Asset Administration für knapp eine Milliarde Euro. Sie sorgte auch dafür, dass Supermärkte mit rund 37 Prozent den größten Anteil am Einzelhandelsvolumen erzielten und ihren Durchschnittswert der vergangenen fünf Jahre in Höhe von 15 Prozent deutlich übertrafen.
Deutlicher Nachfrageüberhang bei lebensmittelgeankerten Fachmarktprodukten
Im Vergleich der Nutzungsarten reihen sich dahinter Warenhäuser mit 21 Prozent ein, was vornehmlich auf die Übernahme der Signa-KaDeWe-Anteile durch die thailändische Central Group zurückzuführen ist. Shoppingcenter und Fachmarktzentren kommen auf jeweils zwölf Prozent und nicht lebensmittelgeankerte Fachmärkte komplettieren das Feld mit neun Prozent. Fachmarktprodukte kommen so insgesamt vor allem durch die Supermärkte auf einen Anteil von 58 Prozent.
„Vor allem lebensmittelgeankerte Fachmarktzentren beobachten einen signifikanten Nachfrageüberhang. Manche Objekte aus dem Core- und Core-plus-Bereich sind im Bieterverfahren vielfach überzeichnet“, sagt Hoffmann. „Wir registrieren Interesse sowohl von nationalen Investoren als auch von Betreibern. Neu ist, dass internationales Kapital immer stärker auf das Section der Nahversorgung reflektiert. Hier erwarten wir 2024 weitere Großtransaktionen, sofern es attraktive Angebote gibt.“
Das zeigte sich bereits im abgelaufenen Jahr: Insbesondere durch die genannten Großabschlüsse bauten internationale Investoren ihren Bestand per Saldo um 1,5 Milliarden Euro aus. Rund 52 Prozent der Käufer sind worldwide, auf Verkäuferseite indes nur 24 Prozent. Dabei waren es auf der Käuferseite vor allem Asset- und Fondsmanager (43 Prozent), Immobilienunternehmen (20 Prozent) und Corporates (14 Prozent), während auf Verkäuferseite Asset- und Fondsmanager mit 52 Prozent dominierten.
Zugleich setzten die Investoren auf Sicherheit: Core-plus-Produkte erzielten mit 46 Prozent den höchsten Marktanteil vor Core-Objekten mit 40 Prozent. Worth-add mit neun Prozent und opportunistische Produkte mit fünf Prozent waren Ausnahmetransaktionen.
Das Nahversorgungssegment zeigt sich auch im aktuell fragilen gesamtwirtschaften Umfeld sturdy und anpassungsfähig. So wirkt sich die Section sinkender Reallöhne positiv auf das Low cost-Section aber auch auf die Akzeptanz von Handelsmarken beim Konsumenten aus, was zu einer Stärkung der Händlermargen führt. “Auch der Onlinehandel lässt sich im Nahversorgungsbereich als marginal bezeichnen. Die hohe Anpassungsfähigkeit des Handels und seine Krisenresilienz trägt zur hohen Attraktivität dieser Produktkategorie bei Investoren bei. Wir erwarten eine mindestens stabile Nachfrage im Jahr 2024“, so Hoffmann.
Spitzenrenditen in den Topeinkaufslagen liegen nun deutlich vor Büro
„Zwar sehen wir bei den Spitzenrenditen noch eine leichte Zunahme, im Vergleich mit anderen Assetklassen ist diese aber vergleichsweise gering. Zudem rangieren die Werte für Premium-Geschäftshäuser in den Topeinkaufslagen der sieben Immobilienhochburgen mittlerweile deutlich unter jenen für Büros“, vergleicht Hoffmann.
Konstant bei 3,20 Prozent liegt die Spitzenrendite für Geschäftshäuser auf der Highstreet in München vor Hamburg und Berlin mit jeweils 3,40 Prozent, wobei die Hauptstadt im Vergleich zum dritten Quartal nochmals zehn Basispunkte zugelegt hat und damit als einzige der sieben Immobilienzentren eine Veränderung verbucht. Frankfurt (3,50 Prozent) und Düsseldorf (3,60 Prozent) folgen dahinter, ehe Köln und Stuttgart das Feld mit 3,70 Prozent komplettieren. „Allerdings gelten die konstant niedrigen Spitzenrenditen auch nur für ausgewählte Spitzenprodukte in Toplagen“, beobachtet Hoffmann.
Konstant zeigten sich auch die Spitzenrenditen für Fachmarktzentren bei 4,60 Prozent. Shoppingcenter legten nochmals 25 Basispunkte auf nun 5,50 Prozent zu und einzelne Fachmärkte liegen nach einem Plus von fünf Basispunkten nun bei 5,90 Prozent.
Shoppingcenter punkten bei den Investoren mit hoher Transparenz
„Bereits 2023 waren Shoppingcenter wieder spürbar stärker gefragt als in den Vorjahren. Dabei hilft, dass es sich um eine hochtransparente Assetklasse handelt, die mit Umsatzperformance, Kundenfrequenzen und Nachvermietungen für Investoren intestine einzuschätzen ist. Hinzu kommen attraktive Einstandspreise, an denen vor allem nationale Bestandshalter oder opportunistische internationale Investoren mit einer hohen Spezialisierung auf Shoppingcenter Interesse zeigen“, analysiert Hoffmann.
Generell werde 2024 ein wegweisendes Jahr für den Einzelhandel in den Städten: „Noch sind die langfristigen Folgen der Insolvenzen von Signa und Galeria-Karstadt-Kaufhof nicht absehbar. Es ist jedoch unstrittig, dass Warenhäusern insbesondere in mittleren und kleinen Städten eine zentrale Rolle in der Grundversorgung zukommt und sie mit einem modernen Konzept auf kleinerer Fläche wichtige Ankerpunkte einer lebendigen Innenstadt sein können.“
„Innenstädte und Shoppingcenter können soziale Interaktion unterstützen“
Zwar würden manche Fachmarktzentren in der Peripherie die Produktversorgungslücke, zum Beispiel bei Kurzwaren, ausgleichen, wenn Warenhäuser schließen. Jedoch gehe es um mehr als einzelne Produkte, nämlich um die soziale Rolle des Handels und der Gastronomie in den Innenstädten: „Innenstädte und Shoppingcenter haben die Probability, die aufkommende Lücke der sozialen Interaktion zu füllen. Dies wird jedoch nur mit einem attraktiven Mieter- und Produktmix funktionieren“, meint Hoffmann.